Bewegt gegen Rassismus. Warum Yoga, Aikido und mehr uns dabei helfen.
Ein paar persönliche Anmerkungen von mir zu unserem Engagement bei „Bewegt gegen Rassismus“.
Thomas Christaller
Alle unsere Angebote im Zentrum für Bewegung & Lebenskunst haben einen mehr oder weniger großen nicht-europäischen Hintergrund und Ursprung. So kommt Yoga aus Indien, Aikido Iaido, Karate und Zen-Meditation aus Japan. Moshe Feldenkrais, nach dem die Feldenkrais-Methode benannt wurde, hat sich durch Judo und Yoga inspirieren lassen zusammen mit seinem wissenschaftlichen Hintergrund aus der Physik. Wir können es daran erkennen, dass wir so alltägliche Rituale wie Begrüßen oder die Kleidung, die wir während der Übungen tragen aus diesen anderen Kulturen übernommen haben. Auch die Bezeichnungen für einzelne Bewegungen oder Übungen sind in Sanskrit oder Japanisch von uns übernommen worden. Wir sind uns also dabei bewußt, dass wir dies Menschen aus anderen Ländern und Kulturen und Zeiten verdanken. Natürlich erfahren diese durch uns mehr oder weniger kleine Veränderungen, Anpassungen an unsere Kultur und unser aktuelles Wissen. So gibt es inzwischen etliche Publikationen in der Neurobiologie/Hirnforschung, wie Yoga und Meditation unser Denken und Fühlen beeinflussen und ändern können.
Deshalb empfinde ich es als sehr naheliegend, sich für eine Gesellschaft einzusetzen, in der Menschen aus anderen Ländern und Kulturen und deren Kinder und Kindeskinder gleichberechtigt zu uns Einheimischen gesehen und wir entsprechend mit ihnen interagieren. Wie Deine Haut „gefärbt“ ist sagt nichts über Dich als Mensch aus. Genauso wenig wie Haarfarbe, Körpergröße und andere äußeren Merkmale wie sogenannte „Behinderungen“, z.B. Blindheit, Folgen von Krankheiten wie Kinderlähmung.
Ich bin ein überzeugter Rheinländer und habe schon als Kind von den Erwachsenen damals den Spruch „Alle Fußkranken der Völkerwanderung sind am Rhein hängen geblieben!“ gehört und geliebt. Genau: Vielfalt ist die Natur von solchen Gegenden wie das Rheinland. Hier gab es schon in den 1930er Jahren italienische Eisdielen! Der rheinische Dialekt enthält etliche französische Wörter. Allerdings gab es auch Intoleranzen: In meiner Kindheit gab es noch evangelische und katholische Volksschulen! Ehen zwischen Angehörigen der beiden christlichen (!) Religionen wurden weder von evangelischen noch katholischen Geistlichen getraut. Glücklicherweise ist das heute kein Problem mehr.
Gerne fahren wir in unserem Urlaub ins „Ausland“ und finden es dort wunderbar. Natürlich sind wir dort nur kurze Zeit und werden dort als (zahlende) Gäste priviligiert behandelt. Doch wir lernen die „anderen“ Menschen und ihre Kultur mehr oder weniger gut kennen. Und meistens gefällt uns das so gut, dass wir gerne wiederkommen. Natürlicherweise entwickeln sich dann auch Bekanntschaften oder sogar Freundschaften.
Woher kommt dann so ein Verhalten, das wir „Rassismus“ nennen? Das folgende ist meine persönliche Sichtweise und ich meine, es gibt dafür auch Belege. Doch das will ich hier nicht weiter ausführen. Den Hauptgrund dafür sehe ich in dem fast reflexartigen Verhalten, dass wir andere Menschen als Angehörige derselben sozio-kulturellen Gruppe einordnen oder eben nicht: „Wir und die Anderen“. Beim Fußball ist das die gegnerische Mannschaft und deren Fans. Wir erkennen das an den Abzeichen, an den Gesängen, an dem Ort, wo die Menschen im Stadion sitzen. „Die Anderen“ sind in diesem Sinne keine Menschen derselben sozio-kulturellen Gruppe und verkürzt sind es „keine Menschen“. Deshalb kann man sich ihnen gegenüber auch asozial verhalten, ihnen mit Aggression begegnen, etc. Das trifft auch für die Herkunft eines Menschen zu. Ein Bayer ist kein Rheinländer und umgekehrt. In früheren Jahrhunderten, in denen Studenten an eine ausländische Universität gingen, bildeten sie dort sogenannte Landsmannschaften, also Angehörige derselben regionalen Kultur. Sehr speziell wurde es an deutschen Universitäten mit den sogenannten Burschenschaften und Studentenchors, die sogar Duelle mit scharfen Waffen gegeneinander ausführten. Die Saufgelage waren der harmlosere Teil davon.
Aber warum macht uns das „Andere“ solche Angst, Sorgen, Ablehnung? Es liegt meines Erachtens daran, das wir Menschen nur begrenzt unser sozio-kulturelles Verhalten in unserer DNA definiert haben. Unser Verhalten innerhalb „unserer“ Gruppe wird durch Gewohnheiten und Traditionen bestimmt. Wir erkennen einen von uns genau daran, dass dieser Mensch sich genauso verhält wie wir, dieselbe Sprache, Dialekt spricht, sich gleich kleidet. Warum ist das wichtig? Wir sind durch die Offenheit, die unsere DNA uns schenkt, eigentlich unberechenbar. Aber als soziale Lebewesen, die auf individuelle, persönliche Beziehungen angewiesen sind, ist Unberechenbarkeit keine gute Idee. Deshalb schauen wir zweimal hin, wenn wir einem Menschen begegnen, der sich „anders“ verhält oder „anders“ aussieht. Doch in den (japanischen) Kampfkünsten, Yoga, Meditation lernen wir hinter dem Offensichtlichen den Menschen zu erkennen. Wir werden neugierig, wollen verstehen, was die Kultur des anderen Menschen ausmacht. Wir können lernen. Und möglicherweise auch Schwachstellen in der eigenen Kultur, dem eigenen Verhalten erkennen und dieses verbessern.
In diesem Sinne, freue ich mich sehr, mit Dir zusammen dazu beizutragen, dass wir Menschen lernen, uns gegenseitig zu achten und wertzuschätzen!
liebe grüße, thomas